www.epsilon-lyrae.de zur Startseite zurück Doppelsterne im Schwan Kontakt Datenschutzerklärung Inhalt :
|
Chi Cygni Beobachtungen, Aufnahmen, Helligkeitsschätzungen von J.S.Schlimmer 11/2006 1. Allgemeines Chi Cygni gehört zu den langperiodischen Veränderlichen. Während seines Strahlungsmaximums ist er mit einer Helligkeit von bis zu 3,3 mag sogar mit dem bloßem Auge zu sehen, während er im Minimum mit 14,2 mag selbst mit einem 8-Zoll Teleskop nicht mehr beobachtet werden kann. Allerdings fallen die Maxima unterschiedlich hoch aus. Das Maximum Anfang August 2006 war mit einer Helligkeit von ca. 3,7 mag eines der hellsten der letzten Jahre (vergleiche Abbildung 9) [1]. Die Periode beträgt derzeit 408,05 Tage. Die bisherigen Beobachtungen haben jedoch gezeigt, dass die Periode im Laufe der letzten 3 Jahrhunderte um 4 Tage zugenommen hat [2, 4]. Im Abstand von 155'' besitzt Chi Cygni einen Begleiter mit der Größe von 12,1 mag. Der Positionswinkel liegt derzeit bei 255°. Chi Cygni ist auch heute noch ein aktuelles Forschungsobjekt, dies belegen die zahlreichen aktuellen Veröffentlichungen. Das Smithsonian / NASA Astrophysics Data System beinhaltet inzwischen 146 Veröffentlichungen über Chi Cygni im Zeitraum von 1856 bis 2006. Durch den Artikel Mirastern Chi Cygni und die Helligkeitsmessung von Sternfreund Wolfgang Vollmann im Juli 2006 angeregt, begann ich mit eigenen ersten Beobachtungen. 2. Historische Darstellungen Nikolaus Kopernikus (1473-1543) stellte in seinen Buch "Über die Kreisbewegung der Weltkörper" von 1530 ein "Verzeichnis der Sternbilder und Sterne" zusammen. Im Sternbild "Der Schwan oder Vogel" führte er einen Stern 4. Größe auf, der sich "in der Mitte des Halses" (in medio collo) befindet. Diese Bezeichnung trifft zwar sehr gut auf Chi Cygni zu, aber Kopernikus beschrieb damit höchst wahrscheinlich den etwas helleren und stets gut sichtbaren Stern Eta Cygni. In Johann Bayers Himmelsatlas "Uranometria" von 1603 ist Chi Cygni als ein Stern der 5. Größe dargestellt. Auch 17 Cygni etwas nördlich von Chi ist auf Bayers Karte verzeichnet, allerdings ohne Nummer. Diese erhielt er erst im Katalog von Flamsteed . Im Vergleich zu Chi Cygni ist 17 Cygni etwas dunkler dargestellt. In der Tabelle der "Uranometria" ist Chi Cygni mit "In Collo" (lat. Collum : Hals) kommentiert, während Eta Cygni der 4. Klasse zugeordnet und genau wie im Verzeichnis von Kopernikus mit "In Media Collo" beschrieben wird. Die Darstellung von Chi Cygni in Bayers "Uranometria" ist erstaunlich, denn Chi Cygni ist nur 20 % während seiner Periode mit dem bloßen Auge sichtbar. Abbildung 1 : Ausschnitt aus Bayers
Uranometria von 1603, entnommen aus
[3]
Auch in Flamsteeds "Atlas Coelestis" von 1729 ist Chi Cygni als heller Stern zwischen Eta und Phi Cygni dargestellt. In Johann Elert Bodes Atlas "Vorstellung der Gestirne" von 1782 ist neben dem Namen des Sterns auch das Jahr der Entdeckung mit der Bemerkung "veränderlich 1686" eingetragen. Die Veränderlichkeit von Chi Cygni wurde im Jahre 1686 von Gottfried Kirch (1639 -1710) entdeckt, doch war die Periode lange Zeit nicht genau bekannt. Der Bremer Astronom Heinrich Wilhelm Olbers (1758-1840) berechnete aus den damals vorliegenden Beobachtungsdaten eine Periode von 404,758 Tagen. Bei seiner Untersuchung stellte er fest, dass sich die Periode in dieser Zeit um etwa 73 Stunden vergrößert hatte. Johann Heinrich Mädler ging davon aus, dass eine stets zunehmende Periode eher unwahrscheinlich wäre, und die Zu- und Abnahme der Periode selbst zyklisch erfolgen könnte [4]. Die fortgesetzten Beobachtungen haben aber eine weitere Zunahme der Periode bestätigt. Sie hat sich inzwischen um etwa 100 Stunden verlängert [2]. 3. Aufnahmen von Chi Cygni Abbildung 2 : Die Milchstraße im Schwan am 22. August 2003, 28 mm f/5 15 min belichtet auf Kodak E200, Chi Cygni ist auf dieser Aufnahme nicht zu erkennen, da die Helligkeit zu diesem Zeitpunkt etwa 11 mag betrug. Abbildung 3 : Chi Cygni und Umgebung am 18. August 2006, 135 mm f/4, 7 min belichtet auf Kodak E200. Das Gesichtsfeld hat einen Durchmesser von 10°. Abbildung 4 : Chi Cygni am 18. August 2006, 800 mm f/4, 5 min belichtet auf Kodak E200. Das Gesichtsfeld hat einen Durchmesser von 1,6°. 4. Das Spektrum
von Chi Cygni
Tabelle 5 : Vergleichssterne
Bereits in Abbildung 3 ist zu erkennen,
dass es sich bei den beiden Sternen 17 Cygni und NSV24885 um
Doppelsterne handelt. Die beiden Komponenten von 17 Cygni stehen 26,0''
in einem Winkel von 68° auseinander, die Komponenten von NSV24885
haben derzeit (2006) einen Abstand von 29,0''. Der Winkel beträgt
rund 12°. 18.
August 2006 : ca. 4,1 mag Am
18. August erfolgte neben der fotografischen Aufnahme auch eine erste
Helligkeitsschätzung mit einem
8 x 40
Fernglas.
Das Gesichtsfeld des Fernglases beträgt etwa 6,5°. Zur
Abschätzung der Helligkeit wurde das Bild stark defokussiert.
Anschließend wurde die Helligkeit der verschiedenen
Sternscheibchen miteinander verglichen. Chi Cygni war etwa gleich hell wie Phi Cygni und deutlich
heller wie 17 Cygni. Daraus folgte eine geschätzte Helligkeit von
4,6 - 4,7 mag. 11. September 2006 : ca.
4,85 mag Eta Cygni war mit bloßem Auge gut sichtbar,
während Phi Cygni nur bei indirektem Sehen gerade noch erkannt
werden konnte. Hieraus ergab sich für diesen Abend eine visuelle
Grenzgröße von 4,7 mag im Zenit mit bloßem Auge. Chi
Cygni war ein wenig heller wie 17 Cygni, ich schätzte 4,8 - 4,9
mag. 24. September 2006 : ca.
4,7 mag Am
24. September wurden für die Helligkeitsschätzung erstmals
die
Sterne
V1765, NSV24885 und BSC7502 herangezogen (siehe Abbildung 2) . Die
Helligkeit von Chi Cygni war geringer wie die von 17 Cygni aber
größer
wie die von BSC7502 und betrug etwa 5,5 mag. 7. Oktober 2006 :
ca. 6,1 mag Vollmond, dennoch
ist Chi Cygni sofort mit dem bloßem Auge zu sehen. Phi Cygni
hingegen
ist nur noch indirekt wahrnehmbar. Somit ergibt beträgt die
visuelle Grenzgröße 4,7 mag. Für die
Helligkeitsschätzung von Chi Cygni verwende ich ein 8x40 Fernglas.
Chi Cygni ist etwa gleich hell wie NSV24885 = 6,1 mag nach der
Sternkarte des AAVSO. 30. Oktober 2006
: ca. 7,3 mag
9. November 2006 : ca. 8,2 mag Chi Cygni ist mit dem Fernglas kaum noch zu sehen, obwohl die Transparenz des Himmels sehr gut ist. Chi Cygni ist etwa gleich hell wie V2092 Cygni = 8,2 mag. Wahrscheinlich die letzte Beobachtung mit dem Fernglas (siehe Abbildung 3). 7.
Vergleich
zwischen visueller und fotografischer Helligkeit 8. Der Helligkeitsverlauf Die American Association of Variable Star Observers (AAVSO) stellt einen Light Curve Generator zur Verfügung, mit dem der Helligkeitsverlauf von Variablen grafisch dargestellt werden kann. Der Verlauf ergibt sich aus den Beobachtungsdaten der Mitglieder. Die Abbildungen 9 und 10 wurden mit diesen Light Curve Generator berechnet. Die eigenen Beobachtungsdaten sind in Abbildung 10 farblich gekennzeichnet. Die Datenbank der AAVSO enthält derzeit über 60.000 Beobachtungsdaten zu Chi Cygni und reicht bis zum 22. Oktober 1902 zurück. 9. Quellen und Literatur [1] Frank Vohla, Das helle Maximum von Chi Cygni im Sommer 2006, http://www.bav-astro.de/rb/rb2006-3/172.pdf [2] E. Broens, C.Sterken, C. Koen, On the Observational History of Chi Cygni, Journal of the American Association of Variable Star Observers, Vol. 29, No. 1 p 55-56 [3] Linda Hall Library, http://www.lindahall.org/services/digital/ebooks/bayer/bayer30.shtml [4] Johann Heinrich Mädler, Populäre Astronomie, 4. Auflage, Verlag von Carl Heymann, Berlin 1852 [5] AAVSO American Association of Variable Star Observers Weitere Literatur : BAV Bundesdeutsche Arbeitsgemeinschaft für Veränderliche Sterne e.V. (BAV), Ch Cygni : http://www.bav-astro.de/sterne/cygchi.shtml Seitenaufrufe seit dem 20. November 2006 : |