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John Flamsteed (1646-1719) Edmund Halley (1656-1742) Christian Mayer (1719-1783) Nevil Maskelyne (1732-1811) |
Die Eigenbewegung des Arktur (Arcturus,
alpha Bootis) Stichworte : Christian Mayer, relative Positionsbestimmungen, Durchgangsmethode, Bestimmung der Eigenbewegung von J.S. Schlimmer 9/2006 Zur Geschichte der Eigenbewegung Der englische Astronom Edmund Halley entdeckte im Jahre 1717 anhand von Positionsvergleichen antiker Sternkataloge mit eigenen Beobachtungen die Eigenbewegung einiger heller Fixsterne [1]. Diese Entdeckung war nur aufgrund des sehr großen Zeitabstandes zwischen diesen Beobachtungen möglich, da sich die jährliche Eigenbewegung nur im Bogensekundenbereich bewegt. Die Bestimmung der Eigenbewegung mit Hilfe der absoluten Sternpositionen war jedoch sehr aufwendig und fehlerhaft, da die Präzession und Nutation der Erdachse sowie die Aberration des Lichtes berücksichtigt werden mussten. Im Jahre 1777 schlug der Mannheimer Astronom Christian Mayer eine neue Methode zur Bestimmung der Eigenbewegung vor, die auf der exakten Messung des Abstandes zweier oder mehrerer eng beieinander stehender Sterne beruhte : "Von allen diesen Irrungen, Zweifeln, Arbeiten und Berechnungen befreit uns diese schöne Methode mittelst der kleinen Sternlein, so sich nächst bei den größeren befinden, derselbst eigene Bewegung zu bestimmen. Das kleine Sternlein, so sich nächst bei dem größeren befindet, muß nothwendig der nämlichen Abänderung unterworfen seyn, wie der größere, weil sie beide in einer so kleinen Entfernung den nämlichen Gesetzen der Fixsterne folgen; findet man nun in Folge der Zeit eine Abänderung in ihrer gegenseitigen Entfernung gegen Ost oder West, Süd oder Nord, so haben wir eine zuverlässige Probe, daß einer aus beiden oder beide zusammen eine eigene Bewegung haben (...)“ [2]. Christian Mayers Arcturus Beobachtungen von 1777 Bei seinen Arbeiten bezüglich der Eigenbewegung kam Christian Mayer immer wieder auf den Stern Arktur (Arcturus) zurück. Anhand vieler Beobachtungen hatte er eine genaue Karte der Arktur Umgebung erstellt und die einzelnen Begleiter, die er als Comes bezeichnete, in [2] ausführlich beschrieben. Seine Beobachtungen führte er mit Hilfe eines 8 Fuß großen Mauerquadranten und einer astronomischen Pendeluhr durch : "Ich glaube den Hrn. Sternkundigen einen angenehmen Dienst zu erweisen, wenn ich alle diese seltene Beobachtungen in eine Tafel bringe, in welcher das Zeichen - bedeutet, daß der Trabant vor dem Arcturus herginge, das Zeichen +, daß selber auf ihn folget.(...) ich zeige derselben Lage und Stellung auf das Jahr 1777 in der ersten Kupfertafel, ihre Entdeckung ist meines Wissens neu, zwei ausgenommen, deren einen Hr. Flamsteed, den anderen Hr. Maskelyne zu Greenwich wahrgenommen hat. Sie haben alle den nemlichen Vorzug, wie der Trabant des Flamsteeds, daß sie uns ihre und des Arcturus seine eigene Bewegung in kurzer Zeit bestimmen, auch wenn einige davon zu einem anderen Sternsystem gehören sollten (...)" [2, S..175] Abbildung 1: Karte der Arcturus Umgebung 4° x 3° von Christian Mayer 1778 [2]. Die Ansicht entspricht dem Anblick im Fernrohr ohne Zenitspiegel Bei dem hellen Stern A in Mayers Karte, handelt es sich um die Position von Arcturus zu Hipparchs Zeiten, etwa um 130 v. Chr. Nachfolgende Tabelle gibt Mayers Messungen wieder. Bei den Angaben in Rektaszension handelt es sich um die Zeitdifferenz, die die Begleiter benötigten um den Meridian vor bzw. nach Arcturus zu passieren.
Tabelle
2 : Christian Mayers
Messergebnisse
Neben der ausführlichen Beschreibung der Arktur Umgebung führte Mayer auch alle bekannten Abstandsmessungen zwischen Arktur und comes Flamsteed (CN Boo) in Form einer Tabelle auf (siehe Abbildung 3). Dieser wurde bereits 1690 von John Flamsteed beobachtet. Die Beobachtungen wurden später von John Bevis, Nevil Maskeline und Christian Mayer fortgesetzt. Abbildung
3 : Tabelle aller Distanzmessungen zw. Arktur und CN Boo [2]
Alle Messungen erfolgten ebenfalls in Kartesischen Koordinaten. Diese Angaben lassen sich jedoch leicht in Polarkoordinaten umrechnen, aus denen die jeweilige Distanz und der Positionswinkel folgen. Nachfolgende Abbildung zeigt die Bahn von Arktur, die sich aus Mayers Tabelle ergibt : Abbildung 4 : Die relative Eigenbewegung von Arktur und CN Boo in der Zeit von 1690 bis 1779 Da alle Messungen sowohl die Unterschiede
in Rektaszension als auch in Deklination enthalten, kann aus den
Messungen
leicht die Eigenbewegung in RA und in Deklination ermittelt werden.
Diese betragen : μx
= 1,229 Bogensekunden/Jahr Der heutige Wert für die
Eigenbewegung des Arktur beträgt μ = 2,28 Bogensekunden /Jahr. Welche Arbeit hinter
der Erstellung von Mayers Arcturuskarte steckt, erfährt man erst
dann, wenn man selbst Messungen nach der Durchgangsmethode anstellt.
Des Weiteren lässt sich erst durch eigene Messungen die
Genauigkeit
von Mayers Messergebnissen beurteilen. Für meine eigenen
Messungen kam das Baader Mikro Guide Okular und eine Stoppuhr mit 1/100
s Anzeige zum Einsatz. Dennoch waren meine eigenen Messungen im
Vergleich mit den theoretischen Vorhersagen von REDSHIFT 5.1 nicht
besser als Mayers Messungen.
Tabelle
7 : Messergebnisse von 6/2006
Bestimmung der Eigenbewegung des Arktur Möchte man die Eigenbewegung des Arktur anhand der relativen Positionsänderung gegenüber seinen Nachbarsternen ermitteln, so muss man zunächst sicher gehen, dass diese nicht selbst eine eigene Bewegung besitzen, oder ihre Eigenbewegung zumindest vernachlässigt werden kann. Für diese Untersuchungen wurden zusätzlich Durchgangszeiten der Sterne mit REDSHIFT 5.1 für die Jahre 1777 und 2006 berechnet. Nachfolgende Tabelle stellt die zeitlichen Abstände zwischen den jeweiligen Sternen für die Jahre 1777 und 2006 dar :
Tabelle
8 : Eigenbewegung der
Nachbarsterne in RA
Diese Vorbetrachtung
ist notwendig, um zu überprüfen welche Hintergrundsterne
für die Bestimmung der Eigenbewegung in Betracht kommen. In der
rechten Spalte von Tabelle 8 ist zu erkennen, dass der Stern (E)
HIP70193 eine relativ große Eigenbewegung in RA besitzt. Der
Stern (A) CN Bootis, den Mayer als Comes
Flamsteed bezeichnete, besitzt hingegen eine deutlich geringere
Eigenbewegung. Für die Berechnung der Eigenbewegung des Arktur möchte ich mich jedoch auf die Daten von Mayer und meine eigenen Messungen beschränken. Vergleichen wir nun die Unterschiede in RA und in Deklination zwischen Arktur und comes Flamsteed, comes d und comes h für die Zeit zwischen 1777und 2006. Durch die Eigenbewegung des Arktur und die Präzession der Erdachse ändert sich auch die Deklination von Arktur im Laufe der Zeit. Somit ändert sich auch die Dauer der scheinbaren Bewegung zwischen Arktur und den Sternen in seiner Umgebung. Ein direkter Vergleich der Durchgangszeiten von 1777 mit denen von 2006 ist daher nicht ganz korrekt. Es ist sinnvoll, aus den jeweiligen Durchgangszeiten zunächst die Entfernung in Bogensekunden zu berechnen und aus diesen die Differenz zu bilden (Tabelle 7) :
Tabelle
7 : Ortsunterschiede in 229 Jahren
Eine
Überprüfung der Deklinationen von Arktur und comes d mit REDSHIFT 5.1 zeigt
lediglich ein Unterschied von 8' 27'' für den obigen Zeitraum.
Für die Berechnung der Eigenbewegung in Deklination von Arktur
kommen letztlich nur zwei Vergleichssterne zum tragen : comes Flamsteed
und comes h. Ergebnis Aus den Ortsunterschieden in Deklination zwischen Comes Flamsteed und Comes h gegenüber Arktur folgt eine Eigenbewegung von 493'' in 229 Jahren bzw. 2,15'' / Jahr. Für RA folgt im Durchschnitt eine Änderung von 268,3'' in 229 Jahren. Hieraus lässt sich eine Eigenbewegung von 1,17'' / Jahr in RA ableiten. Die Gesamte Eigenbewegung beträgt somit 2,45'' / Jahr, ein Wert der gegenüber den heutigem Literaturwert [3] von 2,28'' / Jahr ein wenig zu hoch erscheint. Die Ergebnisse noch einmal zusammengefasst :
Tabelle
8 : Die Eigenbewegung von Arktur
Der relative Fehler
liegt bei rund 7% in RA und bei rund 8 % in Deklination. Auch
Christian Mayer nannte bereits einen Wert von 2,4'' / Jahr.Abschließende Bemerkungen Bei der Durchmusterung des Himmels nach geeigneten "Fixsterntrabanten" zur Bestimmung der Eigenbewegung der Sterne entdeckte Christian Mayer immer mehr sehr dicht beieinander stehende Sterne, die er als "Doppeltsterne" bezeichnete. Er war davon überzeugt, dass es sich bei sehr vielen dieser Doppelsterne um echte physische Systeme handelt. Seine Doppelsternbeobachtungen fasste er in einer Tabelle zusammen, die als erster Doppelsternkatalog in die Geschichte der Astronomie einging aber durch Herschels Veröffentlichungen schnell wieder verdrängt wurde. Im Gegensatz zu Mayer glaubte Herschel zunächst nicht an eine Zusammengehörigkeit der Doppelsterne, bis er diese nach 15 Jahren Beobachtung beweisen konnte. Quellennachweis [1] Edmund Halley, Considerations on the Change of the Latitudes of Some of the Principal Fixt Stars, Philosophical Transactions, Volume 30, Seite 736-738 [2] Christian Mayer, Gründliche Vertheidigung neuer Beobachtungen von Fixsterntrabanten, welche zu Mannheim auf der kurfürstlichen Sternwarte entdeckt worden sind, Mannheim 1778 [3] CDS : Centre de Données astronomiques de Strasbourg, SIMBAD Astronomical Database : http://simbad.u-strasbg.fr/Simbad Seitenaufrufe seit 1. September 2006 : |