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Castor, 66 α Geminorum, Mayer 21, STF1110, WDS07346+3153

J.S.Schlimmer (3/2007)

Allgemeines


Castor, der sterbliche Bruder der beiden Zwillinge steht mit Pollux zusammen in den Wintermonaten hoch im Zenit. Während Pollux ein Einzelstern ist, handelt es sich bei Castor um ein System aus mehreren Sternen. Bereits mit einem kleinen Teleskop kann man die beiden Komponenten im Abstand von 4,4" leicht trennen. Die Hauptkomponente erscheint dabei mit einer Helligkeit von 2,0 mag während die zweite Komponente 2,9 mag hell leuchtet.
Beide Komponenten sind spektroskopisch doppelt. Darunter versteht man sehr enge Doppelsterne, die sich auch mit großen Teleskopen nicht trennen lassen. Erfolgt ihre Rotation nicht gerade senkrecht zur Beobachtungsrichtung, so werden durch den Dopplereffekt die Spektrallinien in ihrer Feinstruktur periodisch rot – und blau verschoben.



Abbildung 1 : Castor, Januar 2008, R200SS, 1500 mm,
unterschiedliche Belichtungszeiten, Mittelung jeweils über 50 Einzelbilder

Richtet man seine Aufmerksamkeit auf die Umgebung von Castor, so entdeckt man eine dritte Komponente in ca. 73" Abstand. Sie besitzt die gleiche Eigenbewegung wie AB und gehört somit zum "Castor-System". Da es sich hierbei um einen Bedeckungsveränderlichen handelt, schwankt die Helligkeit zwischen 9,1 und 9,7 mag. Da also jede Komponente doppelt ist, handelt es sich bei Castor um ein 6-fach System. In der weiteren Umgebung findet man noch die Komponente D, die allerdings nur ein optischer Hintergrundstern ist.


Christian Mayers Beobachtungen von 1776/1778

Mayer beschrieb ihn wie folgt : "Der schöne Stern Castor im Zwillinge ist ja schon ein bekannter Doppeltstern, ich habe selben gar oft und noch kürzlich den 8. April von diesem Jahre [1778] ganz genau gesucht zu bestimmen; ohngeachtet seines weissen Lichtes sieht man diesen Doppeltstern noch gar deutlich in der Abenddämmerung. Aus beiden dieser Sternen geht der kleinere voraus, nur um eine halbe Sekunde in der Zeit [=Differenz in RA], und stehet mehr gegen Norden um 4,5 Sekunden [Deklination]. Ich habe aber nebst diesem Trabanten des Castor im Jahre 1776 den 10. März, noch einenanderen kleineren blassen Trabanten auf Castor folgen gesehen; ich finde in meinem Sternenregister 3 bis 4 Sekunden in der Zeit, und 4 Sekunden nördlicher Abweichung, um welche dieser kleine Trabant höher steht." [7].



Abbildung 2 : Christian Mayers Eintrag im Beobachtungsbuch vom 4. März 1777 [9]



Friedrich Wilhelm Herschels Beobachtungen 1777 - 1803

Herschel beschrieb seine Beobachtungen über Castor wie folgt :
"8. April 1778. Alpha Geminoriom, Fl. 66. In capite praecedentis II. Doppelt. Ein weinig ungleich. Beide weiß. Die Lücke zwischen den beiden Sternen beträgt bei 146-facher Vergrößerung ein Durchmesser des kleineren [Sterns], bei 222-fach, ein wenig mehr als ein Durchmesser, bei 227-fach, 1,5 Durchmesser des kleineren; bei 460 beinahe 2 Durchmesser des größeren [Sterns]; bei 754-fach 2 Durchmesser des größeren; bei 932-fach volle 2 Durchmesser des größeren; bei 1536-fach (sehr schön und deutlich) 3 Durchmesser des größeren [Sterns]; bei 3168-fach [ist das] Intervall extrem groß und ziemlich ausgeprägt. Die Distanz mit dem Mikrometer [beträgt] 5,156’’, Position 32° 47’ Nord vorlaufend [=270°+ 32,47° = 302,47°]. Dies sind die Durchschnitte der Beobachtungen der letzten beiden Jahre, außer die erste mit 146-facher [Vergrößerung]" [4].


Die Beobachtungen von Struve, Bessel und Mädler 1831 - 1836

Auch Friedrich Georg Wilhelm Struve und Friedrich Wilhelm Bessel hatten - ähnlich wie Mayer und Herschel - Castor zeitgleich beobachtet. Aus den Beobachtungen von weiteren 36 Doppelsternen stellten sie eine systematische Abweichung von 0,3'' zwischen ihren Messungen fest. Neben Struve beobachtete auch Johann Heinrich Mädler Castor einige Jahre später mit dem großen Fraunhofer Refraktor der Dorpater Sternwarte.
In seinem Buch Populäre Astronomie gab J.H. Mädler neben der scheinbaren Bahn von Castor auch dessen wirkliche Bahn wieder. Aufgrund der langen Periode ist seit der ersten Beobachtung noch kein kompletter Bahnumlauf erfolgt :



Abbildung 3 : J.H. Mädler, Populäre Astronomie 1852 [10]

"(...) Der erste ist Castor oder Alpha Geminorum, einer der glänzendsten Doppelsterne unseres nördlichen HImmels. Seine gegenwärtige scheinbare und wahre Position zeigt die Zeichnung. Der Begleiter wird gegen ein halbes Jahrhundert lang in nahe gleicher (scheinbarer) Entfernung um seinen Hauptstern kreisen und sich dann rascher ihm nähern, bis er etwa im J. 1913 sein scheinbares und wahres Perihel erreicht. Doch ist diese Bahn eine von denen, die noch grosse Zweifel zulassen, da die älteren vor Herschel I. gemachten Beobachtungen sehr ungenau zu sein scheinen und die seit 60 Jahren gemachten wohl noch nicht mehr als ¼ der Bahn umfassen."


Die Umlaufbahn von Castor

Die letzte Bahnberechnung von Castor erfolgte im Jahre 1985 von Dacobo (Doc1985). Nachfolgende Abbildung zeigt diese Bahn sowie die Beobachtungen zwischen 1819 und 2007:


Abbildung 4 : Die Umlaufbahn von Castor, die Periode beträgt 445 Jahre (nach Doc1985)


Meßergebnisse verschiedener Beobachter im Vergleich

Nachfolgend sind die Messungen den Werten, die sich aus den Ephemeriden von Docobo (Doc1985) ergeben gegenübergestellt.


Datum
Beobachter
Distanz
Winkel
Ephemeriden Distanz
Ephemeriden Winkel
Residuen
Distanz
Residuen
Winkel
1779
Herschel
5,16''
302,47°
3,55''
308,47°
1,61''
-6,0°
1831,31
Struve
4,46''
259°56'
4,57''
259,49°
-0,11''
0,1°
1831,06
Bessel
4,73''
259,23°
4,57''
259,66°
0,16''
-0,43°
1836,288
Mädler
4,64''
255,40°
4,72''
256,30°
-0,08''
0,9°
2006,986
Schlimmer
4,39''
59,38°
4,42''
59,09°
-0,03''
0,29°

Abbildung 5 : Verschiedene Meßergebnisse im Vergleich mit der berechnetetn Umlaufbahn

Eine genaue Übersicht über alle Messungen ist auf der Seite Doppelsternmessungen mit Leitz Okularschraubenmikrometer, Baader Micro Guide und Webcam - ein Vergleich zu finden.


Die Eigenbewegung von Castor

Anhand des Hintergrundsterns D läßt sich die Eigenbewegung von Castor leicht verfolgen. Nachfolgendes Diagramm zeigt die relative Eigenbewegung von Castor AD :



Abbildung 6 : relative Eigenbewegung zwischen Castor AD in der Zeit von 1884 bis 2009

Eigenbewegung :

μx = -213 Millibogensekunden/Jahr
μy = -170 Millibogensekunden/Jahr
μ   = -272 Millibogensekunden/Jahr





Quellennachweis

[1] The Washington Double Star Catalog, http://ad.usno.navy.mil/wds/
[2] Christian Mayer, Verzeichniss aller bisher entdeckten Doppelsterne, Berliner Astronomisches Jahrbuch für 1784, Herausgegeben von Johann Elert Bode 1781,
[3] Brian Workman, Binary Star Orbit Calculator
[4] Wiliam Herschel, Catalog of Double Stars, Philosophical transactions of the Royal society of London, 1782 Vol. 72
[5] The Bright Star Catalogue, http://www.alcyone.de/SIT/bsc/bsc.html
[6] Wiliam Herschel, Catalog of Double Stars, Philosophical transactions of the Royal society of London, 1785 Vol. 75
[7] Christian Mayer, Gründliche Vertheidigung neuer Beobachtungen von Fixsterntrabanten welche zu Mannheim auf der kurfürstlichen Sternwarte entdeckt worden sind, Mannheim 1778
[8] Florent Losse, Reduc, http://www.astrosurf.com/hfosaf/uk/tdownload.htm
[9]
Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim (LTA) / Archiv / Bildarchiv / Bestand Sternwarte, Fotografie : J.S.Schlimmer
[10] J.H. Mädler, Populäre Astronomie, 4. Auflage, Berlin 1852, Fotografie : J.S.Schlimmer 12/2006
[11]
William Herschel, Account of the Changes that have happened, during the last Twenty-five Years, in the relative Situation of Double Stars; with an Investigating of the Cause to which they are owing, Philosophical transactions of the Royal society of London, 1803


Danksagung

This research has made use of the Washington Double Star Catalog maintained at the U.S. Naval Observatory.
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