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Doppelsternmessungen mit
Leitz Okularschraubenmikrometer, Baader Micro Guide und Webcam - ein
Vergleich Allgemeines Bis zum Aufkommen der Computer in den 1970er Jahren wurden Doppelsterne in erster Linie manuell mit verschiedenen Mikrometertechniken gemessen. Inzwischen spielt die mikrometrische Bestimmung der Doppelsterndistanzen nur noch eine untergeordnete Rolle. Neue Techniken mit CCD Kamera oder Webcam ermöglichen heute schnellere und wesentlich präzisere Messungen und Ergebnisse. Doch wie genau lassen sich Distanzen und Winkel bei Doppelsternen mit den unterschiedlichen Mikrometern bestimmen ? Und wie genau sind diese Messungen im Vergleich zu elektronischen Verfahren ? Spielt die Öffnung des Instrumentes eine Rolle in Bezug auf die Genauigkeit der Messung ? Um diese Fragen zu klären wurden ab Ende 2014 eine Reihe von Vergleichsmessungen mit dem Leitz Okularschraubenmikrometer, dem Baader Micro Guide und einer Philips ToU Webcam Pro PCVC 740k mit Lüftung durchgeführt. Selbstverständlich hängt die Genauigkeit von Mikrometermessungen von der Erfahrung und dem persönlichen Geschick des Beobachters ab. Abbildung 1 : a) Leitz-Okularschraubenmikrometer mit Winkelmesser b) Baader Micro Guide c) Philips ToU II Webcam mit Lüftung Das Teleskop Im 18. Jahrhundert wurden häufig achromatische Teleskope mit 80 mm Öffnung von Dollond für Beobachtungen verwendet (siehe Mannheimer Mauerquadrant). Damit die Messungen leichter mit historischen Ergebnissen verglichen werden können, wurde für die Messungen in dieser Versuchsreihe ein klassischer Fraunhofer Refraktor mit einer Öffnung von 80 mm und einem Öffnungsverhältnis von f/15 verwendet (Vixen R80L). Allerdings ist die Qualität dieses Fraunhofers deutlich den achromatischen Teleskopen des 18. Jahrhunderts überlegen. Der Fraunhofer ist stabil auf einer Vixen GP-DX Montierung befestigt, die in R.A. automatisch nachgeführt wird. Abbildung 2 : Vixen Refraktor 80L Ausgewählte Doppelsterne für die Vergleichsmessungen Für Teleskope mit kleinen Öffnungen bieten sich insbesondere die Doppelsterne an, die der Mannheimer Astronom Christian Mayer im 18. Jahrhundert entdeckte. Mayer beobachtete ab 1776 zahlreiche Doppelsterne und stellte den ersten Doppelsternkatalog in der Geschichte der Astronomie zusammen. Es wurden an folgenden Doppelsternen Vergleichsmessungen durchgeführt :
Bestimmung des Abbildungsmaßstabs Der Abbildungsmaßstab lässt sich für das Leitz Okularschraubenmikrometer und das Baader Micro Guide anhand der Transitmethode leicht und präzise bestimmen. Die Dauer des Transits wird mit einer einfachen digitalen Stoppuhr auf 1/00 s bestimmt. Für die Bestimmung des Abbildungsmaßstabes der Webcam ist diese Methode jedoch nicht geeignet. Das Problem besteht darin, dass Eintritts- und Austrittszeitpunkt eines Sterns in das Bildfeld zu spät bzw. zu früh gemessen werden. Die Bestimmung des Abbildungsmaßstabes der Webcam erfolgt daher anhand Doppelsterne mit zeitlich invariantem Abstand wie z. B. anhand STFA 7 im Sternbild Stier. Nachfolgende Tabelle zeigt die gemessenen Durchgangszeiten T und die daraus berechneten Abbildungsmaßstäbe GF für die Skalen.
Tabelle 1
Dek : Deklination in Grad T : Zeitdauer des Transits über die entsprechende Skala 12 EH beim Leitz Fadenokular, 60 Einheiten beim Baader Micro Guide in Sekunden. GF 12 EH : Gesichtsfeld 12 Einheiten Skala in Bogensekunden GF 1 EH : Gesichtsfeld 1 Einheit der Skala GF 60 EH : Gesichtsfeld 60 Einheiten Skala in Bogensekunden WK : Winkelkorrektur bei der Aufzeichnung des Transits bei der Webcam, da hier nur eine ungefähre Ausrichtung erfolgt. Auswertung Für die Bestimmung der Doppelsterndistanzen wurde der Durchschnittswert des Abbildungsmaßstabes verwendet (siehe Tabelle 1). Das endgültige Ergebnis stand daher erst nach den Messungen der verschiedenen Sterne fest. Die Auswertung umfasst jedoch nicht nur das eigentliche Ergebnis und den Vergleich der Ergebnisse der unterschiedlichen Messmethoden untereinander, sondern auch den Vergleich mit allen vorliegenden Messungen aus dem Washington Double Star Catalog (WDS) [1]. Nachfolgende Tabelle zeigt die gemessenen Skaleneinheiten (EH) der Mikrometermessungen und der Abstand in Pixel (pxl) bei den Messungen mit der Webcam, sowie die ermittelten Winkel und die berechnete Separation. Die Webcam Messungen, die mit dem Abbildungsmaßstab nach der Transit Methode gemacht wurden, sind in grau dargestellt.
Tabelle 2
EH : gemessene Einheiten an den Mikrometerskalen Theta : gemessene Winkel Separation : EH x Abbildungsmaßstab pxl : Abstand der Doppelsternkomponenten in Pixel Ergebnisse in der
Reihenfolge der Messungen 1. Tau
Tauri, Mayer 12, S
455AB, WDS04422+2257 Abbildung 5a : t Tauri, Januar 2015, Vixen R80L, 1200 mm, Webcam
Abbildung 5b : Gemessene Distanzen von tau Tauri zwischen 1777 und 2015 Abbildung 5c : Gemessene Winkel von tau Tauri zwischen 1777 und 2015 Die beiden Abbildungen 5b und 5c zeigen alle Messungen für t Tauri zwischen 1777 und 2015, vorausgesetzt die Messung beinhaltet Distanz und Winkel. Dies ist nicht bei allen Messungen der Fall. So bestimmte zum Beispiel Johann Heinrich Mädler mit dem Dorpater Refraktor in der Regel nur den Winkel nicht aber die Distanz. Leere Quadrate stellen die Messungen dar, die hier als Ausreißer interpretiert werden und zur Berechnung der Ausgleichsgeraden nicht verwendet wurden. Die eckige Form von T Tauri kam durch die Taukappenheizung zustande, die ein künstliches Seeing erzeugt. 2. Gamma Arietis, Mayer 5, STF 180, WDS01535+1918 Abbildung 6a : g Arietis, Januar 2015,
Vixen R80L, 1200 mm, Webcam
3. Delta Orionis, Mintaka, Mayer 15, STFA 14AC, WDS05320-0018 Abbildung 7a : Mintaka, d Orionis, Januar
2015, Vixen R80L, 1200 mm, Webcam
Abbildung 7b : Gemessene Distanzen von d Orionis zwischen 1777 und 2015 Abbildung 7c : Gemessene Winkel von d Orionis zwischen 1777 und 2015 Mintaka ist der westliche Gürtelstern im Orion und vom Spektraltyp B0III. Die chromatische Korrektur des Vixen Fraunhofers 80L reicht hier nicht mehr aus um den Stern fehlerfrei abzubilden. Der blaue Saum ist deutlich zu erkennen. Die Herausforderung der Mikrometermessungen bei Mintaka bestand im großen Kontrastunterschied zwischen beiden Komponenten. Die Hauptkomponente hat eine Helligkeit von 2,41 Magnituden, der Begleiter erstrahlt in einer Helligkeit von 6,83 Magnituden. Trotz Eliminierung der Ausreißer (Leere Quadrate) konnte keine schlüssige Ausgleichsgerade berechnet werden. Der Mittelwert der Messungen (ohne Ausreißer) liegt bei 52,68''. Die drei Messungen die im Rahmen dieses Beitrages gemacht wurden, liegen zwar sehr dicht beisammen aber deutlich unter dem Mittelwert. Für die Winkel konnte hingegen eine Ausgleichsgerade berechnet werden. Auch hier liegen die eigenen Messungen sehr dicht beisammen. 4. Beta 11 Monocerotis, Mayer 18, STF 919, WDS06288-0702 Abbildung 8a : b Monocerotis, Januar
2015, Vixen R80L, 1200 mm, Webcam
Abbildung 8b : Gemessene Distanzen von b Monocerotis AB zwischen 1822 und 2015 Abbildung 8c : Gemessene Winkel von b Monocerotis AB zwischen 1822 und 2015 Abbildung 8d : Gemessene Distanzen von b Monocerotis AC zwischen 1777 und 2015 Abbildung 8e : Gemessene Winkel von b Monocerotis AC zwischen 1777 und 2015 5. Castor, 66 α Geminorum, Mayer 21, STF1110, WDS07346+3153 Abbildung 9a : Castor, Januar
2015, Vixen R80L, 1200 mm, Webcam
Abbildung 9b : Bahnkurve von Castor mit 1391 Messungen c) Ausschnitt der Bahnkurve [2] Castor ist ein schöner Doppelstern der sich auch mit kleinen Teleskopen leicht beobachten lässt. Da für Castor eine Bahnkurve vorliegt (Doc1985c) erfolgt die Darstellung der Ergebnisse nicht getrennt in Distanz und Winkel sondern in Polarkoordinaten. Der Vergleich findet daher anhand der Ephemeriden für den Zeitpunkt der Messung statt. Der Nachteil dieser Darstellung besteht darin, dass die Messfehler für Winkel und Distanz nicht getrennt erkennbar sind. Die Messungen mit dem Leitz Okularschraubenmikrometer und dem Baader Micro Guide sind sehr schlecht und liegen bei der Darstellung der Bahnkurve bereits außerhalb des Diagramms (Abbildung 9b). Möglicherweise störte die große Helligkeit von Castor die Messung. Daher wurde eine zweite Messung mit gedämpfter Helligkeit durchgeführt. Für die Lichtschwächung wurde ein Polfilter verwendet der sich jedoch negativ auf die Abbildungsqualität auswirkte. Das Seeing war schlecht, die Messung sehr schwierig. Normalerweise stehen die Sterne beim Vixen Refraktor 80L sehr ruhig im Okular. Es musste häufig nachfokussiert werden. 6. Regulus, α Leonis, 32 Leonis, STFB 6AB, WDS10084+1158 Abbildung 10a : Regulus (a Leonis),
März
2015, Vixen R80L, 1200 mm, Webcam
Abbildung 10b : Gemessene Distanzen von Regulus (a Leonis) zwischen 1800 und 2015 Abbildung 10b : Gemessene Winkel von Regulus (a Leonis) zwischen 1800 und 2015 Bei den Messungen mit dem Leitz Okularschraubenmikrometer musste das LED Licht in der Eintrittsöffnung etwas abgeschwächt werden, damit der 8,3 Magnituden helle Begleiter besser zu sehen war. Da es sich hier um eine improvisierte Beleuchtung handelt kann die Helligkeit nur grob verändert werden. Beim Baader Micro Guide lässt sich die Helligkeit der LED hingegen sehr genau einstellen. Die Abstandsmessungen liegen recht weit auseinander. Etwas besser sehen die Messungen der Winkel aus, doch liegen die Werte für die beiden Mikrometer zu hoch. Zusammenfassung der Ergebnisse Tabelle 3 zeigt den Vergleich der ermittelten Distanzen mit den berechneten Werten, Tabelle 4 zeigt die entsprechenden Werte für den Positionswinkel. Die Bezugswerte ergeben sich aus den Ausgleichsgeraden. Ist die Berechnung einer Ausgleichsgeraden nicht möglich wird der Mittelwert berechnet. Ist hingegen die Bahnkurve bekannt, so ist die Ephemeride der Bezugswert. Der Bezugswert ist für die nachfolgende Fehleranalyse notwendig.
Tabelle
3: Vergleich der bestimmten Werte für die Distanz mit den
berechneten Werten
Tabelle
4: Vergleich der bestimmten Werte für die Winkel mit den
berechneten Werten
Fehlerbetrachtungen a) Distanzmessungen Die Messungen mit der Webcam liefern die zuverlässigsten Distanzmessungen. Mit dem Leitz Okularfadenmikrometer lassen sich bei der Distanzmessung im Einzelfall ähnlich gute Werte erreichen, allerdings liegt der Absolute Fehler im Durschnitt um Faktor 3 höher im Vergleich zu den Webcam Messungen. Mit dem Baader Micro Guide lassen sich die Distanzen nur ungefähr abschätzen, der Absolute Fehler ist im Durchschnitt 10 mal so hoch, wie bei den Messungen mit der Webcam. Besonders schlecht lassen sich kleine Distanzen unter 10'' abschätzen.
Tabelle 5:
Absoluter Fehler der Distanzmessungen
Tabelle 6:
Relativer Fehler der Distanzmessungen
b) Winkelmessungen Nachfolgende Tabelle zeigt den Absoluten Fehler der Winkelmessungen. Die Berechnung des Relativen Fehlers ist für die Winkelmessungen nicht sinnvoll, da er im Bereich von 0° unendlich groß sein könnte, hingegen bei 360° recht klein wäre. Mit der Webcam lassen sich die Winkel im Durchschnitt mit 0,4° Genauigkeit bestimmen. Erstaunlich schlecht sind die Winkel bei der Messung mit dem Leitz Okularschraubenmikrometer, der Absolute Fehler liegt im Schnitt bei 2,4°. Recht gut sind die Winkelmessungen mit dem Baader Micro Guide, hier beträgt der absolute Fehler im Durchschnitt 1,4°.
Tabelle
7: Absoluter Fehler der Winkelmessungen
Quellennachweis [1] The Washington Double Star Catalog, http://ad.usno.navy.mil/wds/ [2] Brian Workman, Binary Star Orbit Calculator
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