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Teil 2
![]() John Flamsteed (1646-1719) ![]() Christian Mayer (1719-1783) ![]() Nevil Maskelyne (1732-1811) ![]() Wilhelm Herschel (1738-1822) ![]() Friedrich Wilhelm Bessel (1784-1846) ![]() Johann Heinrich Mädler (1794-1874) |
Epsilon
Lyrae im Sternbild Leier Mayer 57, Mayer 58, STF2382, STF2383, STFA 37, WDS18443+3940 Stichworte :
Entdeckungsgeschichte
und historische Beobachtungen, Bessels Sehtest, Umlaufbahnen von
STF2382 und 2383 und
Relativbewegungen, Ephemeriden J.S.
Schlimmer 12/2004 (aktualisiert 02/2021) Prolog Sie kennen Epsilon Lyrae, den Namensgeber dieser Internet-Domäne noch nicht ? Dann probieren Sie doch einmal im Sommer diesen einzigartigen Doppel-Doppel-Stern im Sternbild Lyra in seine Komponenten zu trennen. 4 und 5 Epsilon Lyrae können Sie bereits mit einem kleinen Fernglas trennen. Um beide Komponenten wiederum zu trennen, benötigen Sie ein kleines Teleskop. Haben Sie schon einmal die Komponente E oder I beobachtet ? Informationen über diese beiden weniger bekannten Komponenten finden Sie am Ende des Artikels in Teil 2. Abbildung 1 : a) Das Sternbild Lyra, 135 mm Minolta auf Kodak E200 aufgenommen, b) Epsilon Lyrae mit STF2382AB, STF2383CD und den weniger bekannten Komponenten E, F und I. Die Komponenten AB und CD sind auf dieser Aufnahme noch nicht aufgelöst, Canon EOS1100D, 1500 mm. John
Flamsteeds und Nevil
Maskelynes Beobachtungen Die
Doppelsternnatur von 4 und 5 Epsilon
Lyrae ist schon lange bekannt. Bereits der englische Astronom John
Flamsteed
(1646-1719) bemerkte nahe 4 Epsilon Lyrae einen Begleiter, den er als 5
Lyrae
katalogisierte. Auch der Astronom Nevil
Maskelyne (1732–1811)
beobachtete diese
beiden Sterne mehrfach. In einem Brief
an Christian Mayer beschrieb
er seine Beobachtungen aus dem Jahre 1765.
Maskelyne sah "nahe beim
Stern Epsilon Lyrae noch einen anderen kleinen Stern von 6. oder 7.
Größe“.
Unklar ist jedoch, ob es sich bei diesem Begleiter um 5 Epsilon Lyrae
handelte
oder um die zweite Komponente von 4 Epsilon Lyrae. Allerdings nannte
Maskelyne
einen Abstand in Rektaszension von 36’’. Dies entspricht dem Abstand
zwischen 4
und 5 Epsilon Lyrae.
Von Maskelynes Beobachtungen
angeregt, beobachtete der Mannheimer Astronom Christian Mayer (1719-1783) erstmals
am 15. August
1778 Epsilon Lyrae und
dessen Begleiter, den Mayer
mit 'e’ bezeichnete. Ein paar Tage später,
am 21.
August war sich Mayer sicher,
dass es sich bei 4 Epsilon Lyrae um
einen
Doppelstern handelt. Nach zwei weiteren Tagen, am 23. August
bemerkte
Mayers Assistent Johann Mezger
auch die Doppelnatur von 5 Epsilon Lyrae. Somit
war die wahre
Natur dieses Sternsystems erkannt : "Aus meiner dann
siebenmal wiederholten Beobachtung war klar, daß der Begleiter von
Epsilon
Lyrae von ungefähr achter Größe & mit schlechtem & ganz dunklem
Licht 0,2
Sekunden in der Zeit Epsilon Lyrae folgt, mit einer Differenz in
Deklination,
die man auf 3 Sekunden schätzt, um die der Begleiter nördlicher als
Epsilon
Lyrae ist. Umgekehrt ist der neue Stern ein Begleiter von 'e' selbst,
beinahe von
sechster Größe und mit dem selben Licht, 2,5’’ südlicher und etwa 0,1
Sekunde
östlicher in der Zeit, soweit ich bei einer so großen Nähe beider
Sterne aus
zehnfach wiederholter Beobachtung herausfinden konnte.“ [1] Den
Abstand zwischen Epsilon
Lyrae und 'e’ beschrieb Mayer
wie folgt :
![]() Abbildung 2 :
Ausschnitt aus Mayers Beobachtungsbuch vom
23. August 1778. Hier
erscheint Epsilon Lyrae erstmals als 4-faches System [4]. Foto
J.S.Schlimmer In 0,2 Zeitsekunden bewegt
sich
Epsilon
Lyrae um 2,4’’ in Rektaszension. In Polarkoordinaten ergibt sich aus Mayers Beobachtungsdaten
für 4
Epsilon
Lyrae (AB) ein Abstand von 3,8’’ und ein Winkel von 38°. Aus den
Ephemeriden [9] für das Jahr 1778 folgt eine Distanz von 3,4’’ und ein
Winkel
von 31°. Für 5 Epsilon Lyrae (CD) erhalten wir aus Mayers Angaben einen
Abstand von 2,8’’ und einen Winkel von 155°. Die
Ephemeriden Rechnung liefert für das Jahr 1778 eine Distanz von 2,9’’
und einen
Winkel von 169°. Diese Messungen stimmen mit
heutigen Annahmen über die Umlaufbahnen der Komponenten von 4 und 5
Epsilon
Lyrae erstaunlich gut überein (siehe Ephemeriden
und Umlaufbahnen). Der Abstand zwischen 4 Epsilon Lyrae und 5
Epsilon Lyrae beträgt in Rektaszension 2,4 Sekunden, in Deklination
210,5''. Christian Mayer
beobachtete als erster systematisch
Doppelsterne. Er
bezeichnete Doppelsterne als Fixsterntrabanten, was unter den
damaligen
Astronomen zu heftigen Diskussionen führte [2]. Im "Berliner
Astronomischen
Jahrbuch für 1784"
von Johann Elert Bode wurde
sein "Verzeichnis
aller bisher entdeckten
Doppeltsterne" 1781 veröffentlicht. Der Katalog
enthielt 80 Doppelsterne mit
Angaben
über Abstand und Positionswinkel [7]. Für
seine
Beobachtungen verwendete Christian
Mayer einen Mauerquadranten
mit
einem
Radius von 2,5 m. Dieser wurde von John
Bird 1775 in London hergestellt
und hatte ein Gewicht von 450 kg (Abbildung 3). An dem Mauerquadranten
befand sich ein
achromatisches Fernrohr (Länge 2,6 m) von P. Dollond mit 85-facher
Vergrößerung. Zur Beobachtung kam ein im Brennpunkt des Teleskops
angebrachtes Fadenkreuz zum Einsatz, welches aus drei senkrechten und
einem waagerechten Faden bestand. Christian
Mayer notierte daher für
jedes beobachtete Objekt drei
Durchgangszeiten in seinem Beobachtungsbuch. ![]() Abbildung 3 :
Mauerquadrant von J. Bird
1775 [4], Foto : J.S.Schlimmer Friedrich Wilhelm Herschels Beobachtungen Etwa zur gleichen Zeit wie Christian Mayer beobachtete in England Friedrich Wilhelm Herschel (1738-1822) ebenfalls Doppelsterne. Aus seinen Aufzeichnungen geht hervor, dass er am 29. August 1779 unter anderem Epsilon Lyrae erstmalig observierte : "Auf den ersten Blick erscheint er mit beträchtlichem Abstand doppelt aber bei genauer Betrachtung sehen wir, daß jeder der Sterne ein sehr schöner Doppelstern ist. Das erste Paar besteht aus Sternen die sehr ungleich sind. Die Sterne des zweiten Paares sind gleich (...). Die Farbe der Sterne des ersten Paares : der größere ist sehr weiß, der schwächere neigt ein wenig zu rot. Beim zweiten Paar sind beide weiß." Es folgt eine Beschreibung der Abstände bei Betrachtung mit verschiedenen Vergrößerungen, angefangen bei 227-facher Vergrößerung bis hin zu 2012-facher Vergrößerung. Den Abstand bezieht er dabei auf den Durchmesser der Sterne selbst. Wieso die Abstände von der verwendeten Vergrößerung abhängen bleibt unverständlich, denn mit zunehmender Vergrößerung wird auch das Beugungsscheibchen des Sterns entsprechend vergrößert. Außerdem erfolgt keine Beschreibung über das verwendete Teleskop, so dass keine Rückschlüsse auf die Größe der Beugungsscheibchen möglich ist : "Der Abstand der Sterne des ungleichen Paares bei 227-facher Vergrößerung entspricht genau 1,0 Durchmesser des helleren Sterns, bei 460-fach fast 1,5 Durchmesser, bei 932-fach genau 1,5 Durchmesser und bei 2012 2,5 Durchmesser. Der Abstand des gleichen Paares beträgt bei 227-facher Vergrößerung fast 1,5 Durchmesser von irgendeinem der beiden, bei 460-fach genau 1,75 Durchmesser, bei 932-fach 2,0 Durchmesser und bei 2012-facher Vergrößerung 2,5 Durchmesser." Als Positionswinkel gibt er für 4 Epsilon Lyrae (AB) 56° 0´ nördlich folgend (= 34°) und für 5 Epsilon Lyrae (CD) 72° 57´ südlich folgend (= 163°) an. Seine Angaben beruhen auf mehreren Beobachtungen der letzten 2 Jahre (1779-1781). Für seine Messungen benutzte Herschel ein Okularmikrometer, die Messgenauigkeit beträgt seinen Angaben zufolge im Schnitt bei drei Messungen etwa 0,1". Seine Positionsangaben beziehen sich auf die Deklination, also eine Linie in Nord-Süd Richtung. Friedrich Wilhelm Herschels Doppelstern Katalog erschien im Jahr 1782. Die Sterne die bereits Christian Mayer entdeckt hatte, kennzeichnete Herschel mit einem (*) in seinem Katalog, so auch Epsilon Lyrae. Doppelsterne, die bereits vor Christian Mayer bekannt waren, wurden mit einem (+) markiert [8]. Friedrich Wilhelm Bessels Sehtest Der Astronom F.W. Bessel (1784 -1845) testete anhand von Epsilon Lyrae immer wieder sein Sehvermögen : "Ich verglich, um die Sternbilder kennen zu lernen, den Himmel mit einem alten Planglobus, den ich in einem geographischen Atlas fand. Als ich zu der Leier kam, fiel es mir auf, daß einer der beiden Sterne, welche mit Vega ein beinahe gleichseitiges Dreieck bilden, aus zwei Sternen zusammengesetzt war. Ich rief meinem älteren Bruder herbei, damit auch er sich an dieser astronomischen Entdeckung erfreuen möge; allein er sah nicht zwei Sterne sondern nur mit Anstrengung einen verlängerten Stern. Vermutlich waren seine Augen, durch größeren Fleiß in der Ausführung seiner Schularbeiten schon geschwächt. Die beiden Sterne sind Epsilon Lyrae und 5 Lyrae, bekanntlich nur viertehalb Minuten voneinander entfernt. Ich habe sie später wieder oft angesehen, um den Fortgang der Schwächung der Augen zu erkennen; schon in Lilienthal konnte ich sie kaum voneinander getrennt erkennen; später nur noch als einen verlängerten Stern, selbst dies nur mit Anstrengung (...).". Sollten Sie also demnächst vergeblich versuchen 4 und 5 Epsilon Lyrae mit bloßem Auge zu trennen, so brauchen Sie deswegen noch lange nicht an Ihrer Sehschärfe zu zweifeln, denn wie Bessel verrät, war der Astronom Argelander hierzu auch nicht in der Lage : "Argelander hat neuerlich die Darstellung des Himmels, so wie er den bloßen Augen erscheint, zum Gegenstande sehr fleißiger Bemühungen gemacht und diesen gemäß seine "Neue Uranometrie" nebst dem Verzeichnisse der auf Karten dargestellten Sterne und ihrer neu und höchst sorgfälltig bestimmten Größen erscheinen lassen. Die Karten enthalten nur einen Stern statt Epsilon und 5 Lyrae, und auch das Verzeichnis zieht beide in einem Stern der 4. Größe zusammen." [6] Obwohl es mir an günstigen Gelegenheiten nicht mangelte, habe ich bislang nicht versucht, Epsilon Lyrae mit bloßem Auge zu trennen. In einem interessanten Beitrag beschreibt Wolfgang Vollmann wie sich die Nacht-Kurzsichtigkeit am Beispiel von Epsilon Lyrae bemerkbar macht und wie es dennoch gelingt, Epsilon Lyrae zu trennen. Johann Heinrich Mädlers Beobachtungen In seinem Buch Populäre Astronomie stellt sich J. H. Mädler (1794 -1874) die Frage, in welchem Abstand zwei Doppelsterne mit bloßem Auge getrennt gesehen werden können. In diesem Zusammenhang kommt er auch auf Epsilon Lyrae zu sprechen : "(...) Dagegen erkennt selbst das schärfste Auge in Epsilon und 5 Lyrae, die 3' 27'' auseinander stehen, nicht zwei getrennte, sondern höchstens einen ovalen Stern (...)". [11] ![]() Barack Obamas Blick auf Epsilon Lyrae Anlässlich des Internationalen Jahres der Astronomie 2009 wurde am 7. Oktober im Garten des Weißen Hauses eine Star Party veranstaltet. Gegen 20.00 h erschien der amerikanische Präsident Barack Obama vor geladenen Gästen. Nach einer etwa 10 minütigen Rede warf er und die First Lady einen kurzen Blick durch ein eigens für die PR Veranstaltung aufgebautes Teleskop. Wie der Präsident anschließend erfuhr, war das Teleskop auf den Doppelstern Epsilon Lyrae ausgerichtet. Hier finden Sie den kompletten Auftritt als Film. ![]() Abbildung 5 : US Präsident Barack Obama wirft einen Blick auf Epsilon Lyrae, 7. Oktober 2009 Eigene Beobachtungen Bereits mit einem 3-Zoll-Spektiv lässt sich 5 Epsilon Lyrae bei 60-facher Vergrößerung auflösen. Obwohl der Abstand von 4 Epsilon Lyrae 0,1" größer ist, lassen sich hingegen die A und B Komponente nicht trennen. Der Grund hierfür liegt im größeren Kontrastunterschied von 1 mag. Mit einem 8-Zoll-Newton-Teleskop kann Epsilon Lyrae bereits bei 94-facher Vergrößerung in 4 Sterne getrennt werden. Schöner ist jedoch der Anblick bei 120-facher Vergrößerung. Dann sieht man zwischen den einzelnen Komponenten deutliche Lücken. Abbildung 6 : Epsilon Lyrae, August 2012, UNC30515, 1500 mm, Philips ToU Webcam Abbildung 6 stammt vom August 2012 und wurde mit einem 12-Zoll Newton Teleskop mit einer Brennweite von 1500 mm aufgenommen. Die Belichtungszeiten betrugen 1/1500 und 1/25 Sekunden. Von den Einzelbildern des Videos wurden jeweils die besten ausgesucht und miteinander überlagert. Die Zeichnung in Abbildung 7 wurde bei 120-facher Vergrößerung bei sehr guten Beobachtungsbedingungen an einem 8-Zoll Newton Teleskop angefertigt. Abbildung 7 : Zeichnung vom August 2004 bei 120-facher Vergrößerung, Zeichnung groß Bereits Christian Mayer beobachtete Epsilon Lyrae in der Abenddämmerung. Doch wie gut lässt sich Epsilon Lyrae in der Dämmerung beobachten ? Um diese Frage zu klären, wurde der Meridiandurchgang im September 2005 verfolgt. Die Beobachtung erfolgte 30 km nördlich von Mannheim von der Rheinebene aus. Infolge der Präzession der Erde verschieben sich die Durchgangszeiten der Sterne im Laufe der Jahre. So kulminierte Epsilon Lyrae am 18. September 2005 gegen 19:18 h (MEZ). Die Sonne ging bereits um 18:32 h (MEZ) unter und befand sich zum Zeitpunkt des Meridiandurchgangs 8,5° unter dem Horizont. Die Beobachtungsbedingungen waren sehr gut, Vega konnte man sofort mit bloßem Auge beobachten und auch das Auffinden von Epsilon Lyrae mit dem Teleskop bereitete keine Probleme. Zur Beobachtung kam ein 3-Zoll-Spektiv (Leica APO Televid 77) bei 60-facher Vergrößerung zum Einsatz. 4 Epsilon Lyrae konnte nicht getrennt werden, die Komponenten erschienen länglich in Richtung Nord-Süd, 5 Epsilon Lyrae war hingegen ohne Probleme in zwei gleich helle Sterne zu trennen. Aufgrund der hohen Deklination wanderte Epsilon Lyrae nur langsam durch das Blickfeld und ließ sich bei dieser niedrigen Vergrößerung bequem beobachten. Es sollte daher auch für Christian Mayer kein Problem gewesen sein, Epsilon Lyrae als Vierfachstern zu trennen, zumal damals die Abstände von Epsilon Lyrae größer wie heute waren. Fortsetzung des Artikels, Teil 2
Landesmuseum für Technik und Arbeit Sollten Sie
einmal
in der Nähe von Mannheim sein und Zeit haben, besuchen Sie
doch das Landesmuseum
für Arbeit und Technik (inzwischen in TECHNOSEUM umbenannt). In der
Abteilung Handwerk und Manufaktur
sehen Sie schöne astronomische Instrumente und andere Exponate der
Mannheimer Sternwarte von Christian Mayer. Anmerkungen * Die die
Zeiten für den Sonnenuntergang und die Kulmination von
Epsilon Lyrae für Mannheim am 22.09.1778 wurden rechnerisch überprüft.
Danach
ging die
Sonne um 17:22 h unter, der Meridiandurchgang fand um 18:02 h statt. Quellennachweis [1] Christian Mayer, De
novis in coelo sidereo
phaenomenis in miris stellarum fixarum comitibus, Mannheim 1779 Danksagung Mein Dank gilt an dieser Stelle Daniel Fischer, der mich über die Veranstaltung des Weißen Hauses zum Tag der Astronomie informiert hat.
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